IN SICH SELBST        Künstlerloge Calor-Emag-Str. 7 40878 Ratingen        Ausstellung 29.10.2023 - 04.01.2024

Künstlerloge

s u b s t r u k t u r        Ingrid Flohry / Marco Glashagen / www.substruktur.de        Ein langer, den Ausstellungsraum auf Fensterhöhe füllender Körper scheint wie in Schwerelosigkeit zu schweben. Der Raum wirkt wie die Fluggast-Kabine eines Luftschiffes und scheint sich, dort selbst reproduziert, zu enthalten. Eine noch nicht geborene Wirklichkeit in der Vorschau sozusagen, zeitlich vorweggenommen.

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Bernsteinquelle        2023 Installation zur Ausstellung "Bernsteinzimmer" Hugenottenhaus Kassel in Zusammenarbeit mit Marco Glashagen       

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Exkursion        Installation in Zusammenarbeit mit Marco Glashagen        erste hilfe – first aid​ / Hugenottenhaus Kassel / 18. Juni bis 25. September 2022

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„Nichts ist am Platz“ 2021 Hugenottenhaus Kassel        Rauminstallation in Zusammenarbeit mit Marco Glashagen        DIE DEKONSTRUKTION DER VERGANGENHEIT Der rückwärts gerichtete Blick, der „regard en arrière“, auf die Historie eines Hauses geschieht, näher betrachtet, immer in der Reflexion des subjektiven Empfindens. Unweigerlich vermischen sich die steinernen Fakten, die historischen Sichtweisen der Architektur, mit dem emotionalen Empfinden des Betrachters oder den Erinnerungen der Bewohner oder Gäste. Allem voran ist jene bestimmte Atmosphäre, die sich nach Jahren im Gedächtnis spiegelt - so wie man Gerüche wahrnimmt, die einen für Bruchteile von Sekunden in die Kindheit katapultieren. Für den Architekten Marco Glashagen ist der sensible Eingriff in die historische Bausubstanz eine Profession, in der jede neue Planung auch eine neue Herausforderung darstellt, die Geschichte eines Baus sensitiv in einen aktuellen Bezug zu setzen. Seine Partnerin in diesem Projekt, die Künstlerin Ingrid Flohry, arbeitet mit malerischen Konzepten, die oft raumgreifend auf die Gegebenheiten von Architektur und Orten reagieren. Nachdem sich Ingrid Flohry schon in einer früheren Installation auf die spezifischen Momente des Hugenottenhauses bezogen hat, reflektiert man nun auf eine andere Periode der jüngeren Geschichte, in der das Haus als Hotel genutzt wurde. Im Gegensatz zu den „chambres d'amis“, den Gästezimmern, in denen immer auch die Einbettung ins Private mitschwingt, reagieren Architekt und Künstlerin nun gemeinsam auf die Situation des vorgefundenen ehemaligen Hotelzimmers. Der radikale Ansatz des Duos bietet bei genauer Betrachtung nicht nur die visuell animierende Dekonstruktion eines kargen Hotelzimmers in kafkaesken Brüchen. Mehr als dies scheint es, als hätte eine „spirituelle Reinigung“ stattgefunden, um die angestaute Vergangenheit des Raums zu überschreiben. Überhaupt ist die Installation als Ensemble wie das Betreten eines Traumes: das Doppelbett finden wir fragmentiert in die Wände eingelassen, von der Gravitation befreit, Boden und Decke finden sich gespiegelt im Raum angebracht. Alles dies wird durch das einströmende Licht und die eigens für den Raum konzipierte Anlage eines raumgreifenden Wandbildes intensiviert, das wie Wasserreflexionen durch das gesamte Zimmer mäandert. Fast möchte man die künstlerische Intervention im Umgang mit dem Raum im positiven Sinn als ein Spektakel sehen, in der ursprünglichen Bedeutung als Schauspiel. Es in Szene setzen, um die Sinne der Betrachter zu reizen und das Thema in ein neues, anderes Erleben des Ortes zu transformieren. Der visuelle Overload, die Zersplitterung des Raumes und das damit einhergehende Ineinanderfließen von Dimensionen, Effekten und Verschiebungen, schaffen ein neues Bedeutungsgefüge, in dem die karge Existenz des ehemaligen Hotelzimmers deplatziert und antiquiert wirkt. Dieses Erleben im Betrachter ist essentiell, es befreit das Denken von den stereotypen Bildern der Vergangenheit und setzt an deren Stelle ein weitgefasstes „was wäre wenn“. Die Zukunft ist eine Projektionsfläche, die Geschichte eine kaleidoskopartige Spiegelung von Ereignissen, von Personen, von Orten und Momenten. Glashagen und Flohry deuten in ihrer radikal ästhetischen Formulierung des Raumes auf eine Zeit zwischen Vergangenheit und Zukunft, auf ein nahes Jetzt, in dem das Gebäude, mit neuen Inhalten angefüllt, seine Bestimmung in der Zeit erfährt.

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„Doppelsphären“        Ballhaus im Nordpark, Düsseldorf 2020       

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„Amygdala, Amygdala!“        Hugenottenhaus Kassel 2019        In ihrer Arbeit "Amygdala, Amygdala!", die bereits durch den Titel eine ironische Aufnahme jenes Hirnareals mit einbezieht, in dem die Ambivalenz des Erfahrenen zur gültigen Entscheidung gebracht wird, antwortet die Künstlerin mit einer Installation auf eine bereits bestehende Raumsituation. Doch zunächst zum kryptischen Titel: Die Amygdala ist rein physiologisch betrachtet ein Teil der limbischen Systems im Endteil des Stammhirns. Ihre Funktion ist eindeutig den Emotionen zugeteilt und nicht zuletzt das Zentrum in der Hirnregion, das für die Entstehung von Angstzuständen zuständig ist. Gerade in Hinsicht auf die tatsächliche Installation im Hugenottenhaus ist der Arbeitstitel von besonderer Bedeutung und stellt die Kreuzverbindung zwischen dem Ausstellungstitel "freie Zimmer" und der tatsächlich vorgefunden Situation eines zugemauerten Durchgangs, der per se die Phantasie beflügelt. Tatsächlich erklärt sich der Umstand der Niveauverschiebung aus einer ehemaligen Verbindung des Hugenottenhauses zum nebenstehenden Hotelgebäude,- hier befand sich der Übergang zwischen beiden Häusern. Man blickt also geradezu auf eine unfreiwillig inszenierte Situation, die durch die beiden seitlich angebrachten Geländer noch gesteigert wird. Für Ingrid Flohry ein idealer Ansatz um die vielfältigen Bezugspunkte räumlicher Konstruktion, die wir aus ihren, teils großformatigen Aquarellen kennen, in eine raumgreifende dreidimensionale Arbeit zu überführen. Die Gitterstruktur ihrer Bilder nutzt sie hier, um so besehen ein Netz aus Raumkoordinaten zu schaffen, das die visuelle Aufmerksamkeit der Ausstellungsbesucher mit Sogwirkung auf einen zentral montierten runden Spiegel lenkt, eine Luke die den Blick auf eine andere Welt freigibt. Hier kommt in der strengen Struktur des auf Folie gedruckten Gitternetzes, auch eine spielerische Variante zu tragen, fast könnte man von einem poetischen Moment sprechen. Der visuelle Transit führt den Betrachter in eine Art Stasis, einen Stillstand. Gefühlt ist es die Aussicht auf ein Ziel zuzulaufen, von dem man gerade erst aufgebrochen ist. Im Spiegel stellt sich nur das dar, was hinter einem liegt. Gleichzeitig ist er Spiegel in vielen Kulturen auch Symbol für den Übergang in eine andere Welt. Auch bei Lewis Carroll heißt es ja im originalen Titel: 'Through the Looking-Glass, and What Alice Found There'. Was also finden wir hinter dem Spiegel? Ganz ohne Zweifel faltet sich die Amygdala-Installation Flohry´s in multiplen Bedeutungsstrukturen auf: visuell, philosophisch und nicht zuletzt psychologisch. Nicht jeder Betrachter wird in der Lage sein, den Spiegel als Pforte des Transits, des geistigen Übergangs zu sehen. Nicht wenige werden die dahinter liegende Mauer spüren und als klaustrophobisches Momentum erleben. Hier kommen wir auf die Anfangs erwähnte Ambivalenz und die Amygdala als Ursprungsherd der Angstzustände zurück. Zwischen den Möglichkeiten in einem erweiterten visuellen Sinn mit dem Raum selbst zu arbeiten und dem tatsächlichen Erleben der Betrachter herrscht ein großes Spektrum an Deutungsmöglichkeiten. Der gelenkte Blick auf den Spiegel als Zentrum der Reflexion stellt den Betrachter vor die Wahl, sich einer Öffnung seines Denkens zu stellen oder den Raum durch geprägte Ängste zu erfahren. Jenseits der visuellen Komplexität ist die Installation ein Angebot, den Raum anders wahrzunehmen und sich für neue Eindrücke zu öffnen, kurzum die Architektur als Möglichkeit zu begreifen. Ingrid Flohry stellt dabei den Spiegel ins Zentrum ihrer Installation. Er antwortet direkt und visuell auf die vorgefundene Situation und macht die vorhandene Mauer zu einer Leinwand, auf der sich Raum und Besucher wieder finden. Er suggeriert und reflektiert zugleich das Geschehen, ganz so wie es William Shakespeare einmal treffend formulierte: "art is a mirror held up to nature".

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MENSA Universität zu Köln Humanwissenschaftliche Fakultät 12 / 2020        Mit Weitblick Die Mensa befindet sich in einem denkmalgeschützten Gebäude des Kölner Architekten Hans Schuhmacher. Im Zuge von Modernisierungs-Maßnahmen wurde ein neues Akustik-Konzept notwendig, das die historische Gestalt des Raumes berücksichtigt. Im hinteren Teil des Raumes mit ansteigender Deckenhöhe ist ein Akustikpaneel mit Kunstdruck an die Oberfläche der radial gewölbten, mit originaler Holztäfelung versehenen Rückwand, angepasst. Das Motiv ist ein Ausschnitt aus einer Computer-Grafik der Werkserie Voids von 2020.        Innenarchitektur: Marco Glashagen

Kontakt: info@ingridflohry.de